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    Airbus

    Text von: Jürgen Finger
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    Der Mythos vom Fliegen

    Die Luft- und Raumfahrtindustrie ist der bestimmende Wirtschaftsfaktor in der Metropolregion Toulouse. Die Identifikation mit dem Mythos Fliegen ist dort hoch, das zeigt etwa das Luftfahrtmuseum Aéroscopia.

    Im Zentrum eines dichten Ökosystems aus Unternehmen, Behörden, Universitäten und Forschungsinstituten steht Airbus. Von über 134 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Konzerns sind 48 000 in Frankreich und 28 000 in der Region Toulouse beschäftigt.

    In Deutschland arbeiten rund 46 000 Menschen für Airbus. Die Fertigung von Zivilflugzeugen am Flughafen Blagnac gilt als größte Fabrik Frankreichs.

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    Fertigungsstraße für den Airbus A330 in Toulouse, Frankreich, 2007 (Quelle: José Goulão, CC BY-SA 2.0, via Wikimedia Commons)
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    Ein Ort mit Luftfahrtgeschichte

    Während des Ersten Weltkriegs erlebte der Flugzeugbau (u.a. Salmson und Dewoitine) einen starken Aufschwung. Zudem wurde die Stadt in der Zwischenkriegszeit zur Drehscheibe der Luftpostlinien von l’Aéropostale in den Maghreb, ins subsaharische Afrika und nach Südamerika; die Firma trägt seit 1933 den Namen Air France.

    Der berühmteste Pilot war Antoine de Saint-Exupéry, der Autor von „Der kleine Prinz“. Eine dunkle Episode der deutsch-französischen Luftfahrtgeschichte erlebte Toulouse während des Zweiten Weltkriegs: Ab 1940 musste für die deutsche Kriegswirtschaft produziert werden.

    1942 schafften die Besatzer schließlich Material, Maschinen und Fachkräfte ins nationalsozialistische Deutschland. Nach dem Krieg warben französische Unternehmen deutsche Ingenieure ab.

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    Airbus – ein europäisches Projekt

    Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte sich eine wettbewerbsfähige europäische Luft- und Raumfahrtindustrie nur im europäischen Rahmen entwickeln, indem man die Entwicklungskosten aufteilte und die Produktionskosten durch gebündelte Aufträge und größere Stückzahlen senkte.

    Nach ersten Rüstungskooperationen (z.B. Transall) sollte mit Airbus in der Zivilluftfahrt ein Konkurrent zur amerikanischen Boeing aufgebaut werden.

    Airbus ist kein deutsch-französisches Projekt, aber beide Partner dominieren die Firma. 1967 hatten sich Frankreich, Deutschland und Großbritannien zur Zusammenarbeit bereit erklärt. 

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    Nachdem sich die Briten zurückgezogen hatten, beteiligte sich Spanien 1970 an der Gründung des Konsortiums.

    Erst 1978 kamen die Briten zurück. Airbus vereinte technische Kompetenz, Marketing und Kundendienst und machte so den A300B (Erstflug 1972) zu einem Verkaufsschlager, weil er den Bedürfnissen der Fluggesellschaften entsprach.

    Die A320-Familie (Erstflug 1987) und die aktuelle A320neo setzten diesen Erfolg fort und wurden zu Bestsellern, während die Produktion des Riesenflugzeugs A380 (Erstflug 2005) 2021 auslief.

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    Multinationaler Konzern und nationaler Nutzen

    Der heutige Konzern ist das Ergebnis eines stetigen Konzentrationsprozesses. Auf dem deutsch-französischen Gipfel 1999 in Toulouse wurde schließlich die Fusion der deutschen, französischen und spanischen Partnerfirmen zur EADS (European Aeronautic Defence and Space Company) beschlossen. Aus einem Konsortium wurde ein Konzern mit modernen Managementstrukturen. 

    Rede von Lionel JOSPIN (Toulouse 1999, Auszug, PDF)

    Seit der Privatisierung ist die Airbus-Gruppe zwar ein börsennotierter multinationaler Konzern, sie bleibt aber ein Politikum: Die Beteiligungsgesellschaften der Regierungen Frankreichs (10,89 %), Deutschlands und mehrerer Bundesländer (10,87 %) und Spaniens (4,1 %) haben gemeinsam eine Sperrminorität der Aktien. Immer wieder werden deutsch-französische Gipfeltreffen mit dem Besuch eines Airbuswerks verbunden.

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    Neben den Verkehrsflugzeugen gehören Projekte wie der Eurofighter, der Kampfhubschrauber Tiger, das militärische Transportflugzeug A400M und FCAS (Future Combat Air System), ein neues Kampfflugzeug, zu den wichtigsten deutsch-französischen und europäischen Rüstungskooperationen, an denen Airbus aktuell beteiligt ist. Alle Partner versuchen dabei ihren Anteil an Arbeitsplätzen, Gewinnen, Entwicklungs- und Produktions-Know-how im eigenen Land zu sichern. 

    Die Vielzahl der Standorte macht die Fertigung kompliziert. So verbindet ein dichtes Netz von Transportwegen die Standorte zu Wasser, zu Lande und in der Luft. Im Skylink-Netzwerk transportieren anfangs Super-Guppies und heute der Beluga XL ganze Tragflächen und Rumpfsektionen auf dem Luftweg.

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    Deutsch-französische Verständigung – auf Amerikanisch

    Interkulturelle Konflikte stellten vor allem in den ersten Jahrzehnten eine Herausforderung dar, doch entwickelten sich rasch robuste Formen der Zusammenarbeit. Die Sprache der deutsch-französischen Verständigung war allerdings das in der Luftfahrtindustrie gebräuchliche amerikanische Englisch.

    Errinerungsbericht Bernard Ziegler (PDF)

    Von der Deutschen Schule (1973) und einer International School (1999) über englische Pubs bis hin zum (inzwischen eingestellten) Shuttle-Flug nach Hamburg wurde in Toulouse alles getan, um die Integration der Belegschaften zu fördern. 

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    Allerdings bleibt die Durchmischung auf Management, Entwicklung und Technik beschränkt:

    In der Zentrale der Verkehrsflugzeugsparte in Blagnac kommt heute ein Drittel der 5 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus 20 verschiedenen Ländern, darunter 420 deutsche Manager, ebenso viele Briten und rund 250 deutsche Ingenieure.

    Rund 150 französische Führungskräfte arbeiten in Deutschland. In der Fertigung bleiben die französischen beziehungsweise deutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeiternehmer der Standorte in Toulouse, Nantes, Saint-Nazaire, Hamburg-Finkenwerder usw. dagegen weitgehend unter sich.

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